Uranium und Benzin

 

(Ride to Eat der Iron Butt Association in Nagold am 30/04/2016)

 

 

 

Sonntag, 24/04/2016:

 

Ich kann es kaum glauben, was sich da gerade vor meinem Wohnzimmerfenster abspielt. Da fallen doch tatsächlich dicke weiße Schneeflocken vom Himmel.  Passiert das gerade wirklich? Vor drei Wochen bin ich in Bayern schon im T-Shirt herum gelaufen und jetzt so etwas.

 

Dabei will ich doch am kommenden Samstag zum ersten „Ride to eat“ der Iron Butt Association in diesem Jahr fahren. Der soll diesmal in Nagold stattfinden.  Der „Ride to eat“ ist ein zwangloses Treffen der IBA Member. Man trifft sich zu einer festgelegten Uhrzeit,  an einem bestimmten Ort zu einem Gruppenfoto und fährt anschließend zum gemeinsamen Abendessen ins Hotel.

 

Wenn ich allerdings die Schneeflocken hier im Taunus  so betrachte, erinnert mich dass mehr an Skiurlaub anstatt an Motorrad fahren.

 

Samstag 30/04/2016:

 

Naja, vielleicht gehört Petrus in seinem tiefsten Inneren ja doch zur IBA. Die gute Nachricht: Weder regnet, noch schneit es. Die schlechte:  Warm ist doch irgendwie anders…

 

Aber egal. Los geht´s. Ich habe eine Route von meinem Heimatort nach Nagold in das Navi gespeichert, die den Autobahnanteil so gering wie nötig hält, dafür aber so viel Landstraße wie möglich verspricht. Das sollte den zurzeit noch fehlenden Sonnenschein doch wettmachen.

 

Nachdem ich die ersten fünf Kilometer gefahren bin, wird mir bewusst, wie unangenehm kalt es von unten in meinen Helm hinein zieht. Also fahre ich in der nächsten Ortschaft an den Straßenrand um das Problem zu lösen. Da man immer bemüht sein sollte den Planeten zu retten, stelle ich für diese Aktion den Motor meiner BMW kurz ab. Diese lobenswerte Absicht, wird umgehend dadurch bestraft, dass sich der Motor nicht mehr starten lässt. Die Batterie ist anscheinend sogar zu schwach, um dem Anlasser auch nur die kleinste Umdrehung zu entlocken. Nachdem ich ein paar Mal erfolglos versucht habe mich rollen zu lassen und die Fuhre mit Hilfe der Kupplung in Bewegung zu setzten, habe ich lediglich erreicht, dass ich unter meinen drei Lagen warmer Kleidung nass geschwitzt bin. Das fühlt sich in Kombination mit meiner leichten Erkältung ganz besonders gut an.

 

Die Rettung kommt in Form eines  freundlichen jungen Autofahrers, der kurz anhält und mich solange anschiebt, bis mein Motorrad wieder anspringt. Glück gehabt, die Tour hätte hier auch schon zu Ende sein können. Auf jeden Fall werde ich jetzt kein Risiko eingehen und bis Nagold den Motor nicht mehr abstellen. Hauptsache erst einmal ankommen. Im Zweifelsfall wird sich morgen früh schon eine helfende Hand zum Anschieben finden.

 

Bis Ludwigshafen hält meine Glückssträhne an. Hier schaltet sich ohne Vorwarnung mein Navi ab und lässt sich weder durch Neustarts, gutes Zureden oder Drohungen dazu bewegen, seinen Dienst wieder aufzunehmen. Na Klasse! Wenn´s läuft, dann läuft´s! Meine Landstraßen Planung habe ich in Papierform natürlich nicht dabei. (Wieder was für´s nächste Mal gelernt!) Also folgt ein Blick auf die Straßenkarte (wenigstens habe ich die dabei, sonst wäre die Fahrt gerade zum zweiten Mal beendet) und ab auf die Autobahn. So hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt.

 

Die Abfahrt Nagold von der Autobahn 81 ist leicht gefunden. Spannender wird wahrscheinlich, in Nagold das Hotel zu finden. Aber ausnahmsweise scheint heute auch mal etwas zu funktionieren. Kaum bin ich von der Autobahn runter, sehe ich schon das erste Schild „Hotelroute“, das mich auch tatsächlich ohne große Umschweife direkt zum Hotel führt.  Dort angekommen, habe ich den Seitenständer noch nicht ausgeklappt, da treffe ich schon auf das erste IBA Mitglied. Schnell eingecheckt und einen Platz in der Tiefgarage gesichert.  Jetzt fehlt mir nur noch jemand, dem ich gleich zum Treffpunkt für das offizielle Gruppenfoto hinterher fahren kann. Das Hintergrundmotiv soll diesmal der „Atomkeller“  in Haigerloch sein. Der liegt ungefähr 20 Kilometer vom Hotel entfernt. Wie abhängig man doch mittlerweile vom Navi geworden ist. Zum Glück ist schnell jemand gefunden, der  für mich als „Tourguide“ fungieren will.

 

Der „Atomkeller“ in Haigerloch ist ein Museum zur Nukleartechnik in einem Felsenkeller unterhalb des Schlosses Haigerloch. Mir geht es dort allerdings hauptsächlich darum, dort viele bekannte Gesichter und zugehörige Motorräder zu treffen. Daher wird sich mein Wissen über Nukleartechnik heute leider nicht vergrößern.  Ich erweitere heute lieber mein Wissen über Carl´s neue Harley…

 

 

Als der erste IBA Member ein Foto von besagtem Carl zusammen mit seiner „German But Tour“ Rallye Flagge macht, wird mir bewusst, dass ich aufgrund meiner Schusseligkeit gerade einen Punkt für die das ganze Jahr andauernde Schnitzeljagd verschenkt habe. Klar! Einen Punkt bekommt man für ein gemeinsames  Foto mit Carl. Am besten gar nicht anmerken lassen, dass man der einzige Doofie ist, der nicht daran gedacht hat seine Flagge einzupacken und so tun, als ob man diesen (quasi geschenkten) Punkt gar nicht nötig hätte…

 

Nun schnell wieder meinem persönlichen Tourguide Richtung Hotel hinterher. Ich möchte noch einmal kurz unter die Dusche bevor es zum Abendprogramm in ein  reserviertes  Lokal in der Nähe des Hotels geht.

 

Bei leckerem Essen in einem sehr schönen griechischen Restaurant werden alte Bekanntschaften erneuert und neue geschlossen. Als einer der Höhepunkte des Abends wird der „Fahrer  des Jahres“ mit einem Pokal geehrt. Diese Auszeichnung  erhält  in jedem Jahr ein Fahrer, der sich durch besonders viele Rides oder gute Rallye Platzierungen auf sich aufmerksam gemacht hat.

 

In der Hotelbar findet der Abend bei  vielen Benzingesprächen seinen Ausklang.

 

Am nächsten Morgen stehe ich noch einmal vor der bangen Frage, ob meine BMW anspringen wird oder nicht. Vorsichtshalber sichere ich mir schon einmal im Vorfeld Hilfe für´s anschieben. Zum Glück bleibt diese Sorge unbegründet. Als wäre nie etwas gewesen, springt mein Motorrad beim ersten Versuch an. Auch beim Benzin bunkern an der Tankstelle um die Ecke ist meine Sorge grundlos.

 

Trotzdem fahre ich die 300 Kilometer nach Hause lieber in einem Rutsch durch. Wer weiß, wie lange mir das Glück hold bleibt? Dabei hätte ich bei den kühlen Temperaturen gerne eine Kaffeepause zum Aufwärmen eingelegt. Aber was soll´s? Erkältet bin ich eh schon.

 

 Nächste Woche gibt es auf jeden Fall erst einmal eine neue Batterie und eine intensive Untersuchung des Navis.

 

 Ach so…und im Herbst natürlich wieder einen „Ride to eat“…

 

Besucherzaehler