Der Unterschied zwischen Stadionverbot und Streckensperrung

Man stelle sich folgendes Szenario vor:

 

In ländlicher Umgebung teilen sich mehrere Fußballvereine ein Stadion. Jedes Wochenende finden in diesem Stadion Ligaspiele statt. Es ist gut besucht. Im Schnitt finden sich bei jeder Austragung jeweils 200 Fans pro Mannschaft ein.

 

An manchen Wochenenden kommt es leider immer wieder zu Rangeleien zwischen 5 Fans von Mannschaft A und 5 Fans von Mannschaft B. Bedauerlicherweise  sind diese 10 so genannten Fußballfans unbelehrbar. Alle Versuche der Stadionleitung diese ständig aufs Neue ausbrechenden Auseinandersetzungen zu unterbinden scheitern an der Uneinsichtigkeit dieser beiden kleinen Gruppen.

 

Also beschließt die Stadionleitung folgendes Pilotprojekt um das Problem zu lösen:

Für den Zeitraum einer gesamten Spielsaison darf kein Fan von Mannschaft A mehr das Stadion  an jedem zweiten Wochenende im Monat betreten. Die Auswahl, dass es die Fans von Mannschaft A getroffen hat, wurde völlig willkürlich getroffen. Die Fans von Mannschaft B dürfen weiterhin die gesamte Spielsaison  das Stadion besuchen.

Die Stadionleitung will dann am Ende der Spielsaison prüfen, an welchen Wochenenden es zu weniger Rangeleien zwischen den Fans von Mannschaft A und Mannschaft B gekommen ist und auf Basis dieser Erkenntnisse eine endgültige Entscheidung treffen, wer zukünftig ins Stadion darf und wer nicht.

 

Wie mag das Ergebnis wohl aussehen?

 

Gibt es mehr Auseinandersetzungen an den 2 Wochenenden im Monat, an dem alle 10 unbelehrbaren Fans der beiden Mannschaften aufeinander treffen oder wird es mehr Auseinandersetzungen geben, wenn an 2 Wochenenden im Monat, die 5 unbelehrbaren Fans von Mannschaft B alleine mit den übrigen Fans ihres eigenen Vereins im Stadion sitzen und der  „Feind“ nicht da ist?

 

Soweit eine einfache Rechnung, oder? Natürlich wird es an Wochenenden ohne die 5 Krawall-Fans von Mannschaft A im Stadion ruhiger zugehen.

Aber…Was ist denn mit den übrigen 195 friedfertigen Fans von Mannschaft A? Die sind für die Stadionleitung nur ein kleiner Kollateralschaden. Wichtig ist nur, dass man am Ende Saison sieht, dass es jedes zweites Wochenende im Stadion viel ruhiger zugeht. Wen stören da schon 195 verärgerte Fans von Mannschaft A?

 

 

Wie würde sich die Öffentlichkeit wohl dazu stellen? Ich vermute einmal, dass ein Protestschrei durch die Reihen schallen würde. Schließlich reden wir hier tatsächlich von einer Kollektivstrafe. Und so etwas im Deutschland des 21. Jahrhunderts!  Diese Strafform verstößt aus gutem Grund gegen das Grundgesetz.

 

Soweit das Fußball Beispiel… 

 

Was aber nun, wenn wir einige Eingangs verwendete Begriffe einfach austauschen?

 

Fußballstadion =  Beliebte Motorradstrecke

 

195 friedliche Fans von Mannschaft A = 195 Motorradfahrer mit gesetztes konformen Auspuffanlagen und einem Hang zur Einhaltung von Geschwindigkeitsbegrenzungen

 

195 friedliche Fans von Mannschaft B = 195 Fahrer aufgemotzter Autos mit eingetragener Auspuffanlage und  Freude daran, wenn andere ihre am Auto ausgeführten  Arbeiten bewundern

 

5 gewaltbereite Fans von Mannschaft A = 5 Motorradfahrer, denen ein Auspuff gar nicht laut genug sein kann und für die Geschwindigkeitsbegrenzungen nur grobe Richtlinien sind

 

5 gewaltbereite Fans von Mannschaft B= 5 Fahrer aufgemotzter Autos, bei denen ohne einen ohrenbetäubenden Motor gar nichts geht und die Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen nur etwas für Weicheier ist

 

Rangelei = Lärmbelästigung & Geschwindigkeitsübertretung

 

Stadionleitung = Kreisverwaltung

 

Wie sieht es denn dann in der breiten Öffentlichkeit aus?

 

Motorradfahrer?

 

„Das sind doch sowieso alles lebensmüde Raser!“

„Das sind alles kriminelle Rocker!“

„Die machen alle nur Lärm!“  

„Ich finde, dass die allesamt auf der beliebten Strecke nichts zu suchen haben!“

 

 

Fahrer aufgemotzter Autos?

 

„Die sind durch die Bank weg keinen Deut besser als die Motorradfahrer!“

Alle das gleiche Kaliber. Die dürften nicht einmal in die Nähe der beliebten Strecke kommen!“

 

Und wie reagiert die Kreisverwaltung?

 

Wir sperren einfach von April bis Oktober jedes zweite Wochenende im Monat eine beliebte Strecke für alle Motorradfahrer.  Die Fahrer von aufgemotzten Autos interessieren uns nicht.

Und am Ende der Saison prüfen wir, ob es an jedem zweiten Wochenende im Monat weniger Unfälle gegeben hat und ob es gefühlt ruhiger gewesen ist, als an den übrigen Wochenenden…

Auf Basis dieser Erkenntnisse werden wir dann eine dauerhafte Entscheidung treffen!

 

 

Wie war das noch einmal mit der Kollektivstrafe im Deutschland des 21. Jahrhunderts…? 

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