Es muss nicht immer Kaviar sein…

Irgendwie bekomme ich heute Morgen die Kurve nicht. Zum Glück sitze ich dabei noch nicht auf dem Motorrad, sondern befinde mich noch zu Hause. Erst komme ich nicht aus dem Bett, dann bin ich viel zu lange im Badezimmer und zu guter Letzt frühstücke ich in einer Seelenruhe, die einem Pensionär auf Kur alle Ehre machen würde.

 

Kurz gesagt, anstatt wie geplant um 07:00 Uhr die auf die Autobahn Richtung Hannover aufzufahren, ist es bereits 09:00 Uhr als ich es endlich schaffe, mich auf den Weg zu machen. Das ist aber höchstens ein Problem für meinen Pünktlichkeitssinn. Der Tour wird das nicht schaden.

 

Immerhin habe ich zwei Tage für eine Tour durch den Harz eingeplant. Das macht ca. 900 Kilometer, inklusive An- und Abreise von meinem Heimatort im Taunus. 

 

Die Wettervorhersage für das vor mir liegende Wochenende klingt nicht besonders gut. Immer wieder Regenschauer und kühle 16 Grad. Und so hängen die Wolken auch schon zum Greifen tief, als ich mich endlich auf den Weg Richtung Nordosten mache.

Es gilt 3 Stunden Autobahnanreise bis nach Sondershausen, dem Einstiegspunkt meiner Harz Tour hinter mich zu bringen. Nicht sehr aufregend, aber dafür so kühl, dass ich bereits nach einer halben Stunde auf einem Parkplatz nach dem Pullover suche, den ich in weiser Voraussicht eingepackt habe. Immerhin ist die Autobahn an diesem Samstag leer und dieser Teil der Reise ist schnell abgehakt.

  

In Sondershausen angekommen, starte ich die geplante Tour auf meinem Navi und los geht´s…

Allerdings nur um von meinem eigentlich Plan bereits nach ein paar Minuten schon abzuweichen. Wie ein Magnet ziehen mich die Schilder an, die auf dass sich  in der Nähe befindliche Kyffhäuser Denkmal hinweisen. Das Denkmal interessiert mich dabei weniger, als die kurvenreiche Strecke, die dort hinführt. Schon oft habe ich in Motorrad-Magazinen oder Fernseh-Reportagen von dieser Strecke gehört. Kurvenreich, anspruchsvoll und aufgrund ihrer hohen Unfallzahlen nicht ungefährlich. Daher auch gut von der Polizei überwacht.

 

Damit habe ich kein Problem. Ich habe nicht vor meine Fußrasten über den Asphalt schleifen zu lassen, sondern freue mich einfach auf ein bisschen „Kurvenkarusell“ innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten.

 

An diesem Samstagmittag sind nicht viele Motorräder unterwegs und die meisten davon bewegen sich innerhalb der Straßenverkehrsordnung. Vielleicht ist vom Auge des Gesetzes auch deswegen weit und breit nichts zu sehen.

 

Um es kurz zu machen…Ein wenig bin ich enttäuscht. Ich hatte schon ein bisschen mehr erwartet. Vielleicht ein wenig mehr Kurven, die sich spektakulär durch die Landschaft schrauben? Aber ich muss mir auch ehrlicherweise eingestehen, dass ich mich hier immer noch im Harz befinde, und nicht in den Südtiroler Dolomiten…

 

 

Am Parkplatz vor dem Kyffhäuser-Denkmal angekommen, stellt sich die Frage, ob ich mein Motorrad gegen Gebühr hier parke und mich auf den 15 Minütigen Fußweg zum Denkmal mache. Da ich aber zum Motorradfahren in den Harz gekommen bin, entscheide ich mich für ein schnelles Foto aus der Ferne und setzte meine Tour lieber auf 2 Rädern fort. Immerhin neigt sich der Sommer dem Ende entgegen und ich bin Dank Corona in diesem Jahr noch nicht sonderlich viel gefahren. Verstaubte Denkmäler kann ich mir daher noch den ganzen Herbst und Winter ansehen…

Der Kyffhäuser ist ein kleines Mittelgebirge südlich des Harzes. Es liegt größtenteils im Thüringer Kyffhäuserkreis und reicht am Nordrand geringfügig in den sachsen-anhaltischen Landkreis Mansfeld-Südharz hinein. Der Kyffhäuser ist bis zu 473,6 m ü. NN hoch und erstreckt sich über rund 70 km². Aufgrund seiner Nähe und wegen einiger geologischer Gemeinsamkeiten wird der Kyffhäuser auch „kleiner Bruder des Harzes“ genannt.

Seine höchste Erhebung ist der Kulpenberg, auf dem seit den 1960er Jahren der Fernsehturm steht.

 

Auf einem Bergvorsprung im Nordosten befinden sich die Ruinen der Reichsburg Kyffhausen, die Ende des 19. Jahrhunderts durch das Kyffhäuserdenkmal zu Ehren Kaiser Wilhelms I. ergänzt wurden.

Als bekennender Kulturbanause muss ich gestehen, dass ich mit der „Barbarossa Höhle“, die sich in unmittelbarer Nähe des Denkmals befindet genauso verfahre. Ich will an diesem Wochenende einfach nur Motorradfahren. Nicht mehr und nicht weniger…

Wer sich nun fragt: „Was für eine Höhle? Nie gehört…“. Der bekommt hier zumindest eine kurze Beschreibung und kann seine Wissenslücke auffüllen. (Habe ich damit übrigens auch getan…)

Die Barbarossahöhle ist eine von zwei zugänglichen Anhydrithöhlen auf der Welt. Sie ist eine Schlotte im Anhydrit (Gips) im Kyffhäuser bei Rottleben (Thüringen). Die Höhle umfasst weite Hohlräume, Grotten und Seen. Der Anhydrit wandelt sich durch die Luftfeuchtigkeit in der Höhle oberflächlich zu Gips um und nimmt dabei an Volumen zu. Die so entstehenden Gipsschichten lösen sich allmählich vom Untergrund ab und hängen ähnlich wie abfallende Tapeten an den Decken und Wänden der unterirdischen Hohlräume. Sie werden als Gipslappen bezeichnet. Die Lufttemperatur beträgt 10 °C, die Wassertemperatur 8,5 °C. 

Die Wolken hängen dunkel und bedrohlich über mit. Aber bis jetzt halten Sie dicht und ich bin wieder erwarten immer noch trocken. Nicht der kleinste Sonnenstrahl ist zu sehen und das Tageslicht ist so schwach, dass man denken könnte, es wäre schon Abend.  

Die Kombination aus trübem Wetter und dunklen Wäldern würde die perfekte Dekoration für einen düsteren schwarz-weiß Krimi bieten. Soviel jedenfalls zu meinen Gedanken, die ich mir so mache, während ich Kurve um Kurve des Landstrichs unter die Räder nehme.

 

Die Ortschaften des Harz haben ihren ganz eigenen Charme. Eine Mischung aus beeindruckenden, top renovierten Fachwerkhäusern und dringend sanierungsbedürftigen Wohnhäusern aus vergangenen DDR Zeiten. 

Ein Hinweisschild am Straßenrand weckt meine Neugier: „Gutshaus von Bismarck“ steht auf einem braunen Hinweisschild, die es in dieser Gegend zu Hauf gibt, und die auf interessante Sehenswürdigkeiten hinweisen. Da ich gut in der Zeit bin, weiche ich wieder einmal von meiner ursprünglich geplanten Route ab und mache einen kleinen Umweg.

 

Man darf in der modernen Welt allerdings tatsächlich nichts und niemanden mehr glauben. Jetzt verbreitet doch sogar das Fremdenverkehrsamt schon „Fake News“. Das „Guthaus von Bismarck“ entpuppt sich als Restaurant, dass von irgendwelchen Nachkommen aus der x. Linie des ersten Reichskanzlers betrieben wird und ansonsten mit dem bekannten Fürsten, den wir alle aus dem Geschichtsunterricht kennen, absolut gar nichts zu tun hat…Lug und Betrug, wo man auch hinsieht…

Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen, ab 1865 Graf von Bismarck-Schönhausen, ab 1871 Fürst von Bismarck, ab 1890 auch Herzog zu Lauenburg (* 1. April 1815 in Schönhausen (Elbe); † 30. Juli 1898 in Friedrichsruh bei Aumühle), war ein deutscher Politiker und Staatsmann. Von 1862 bis 1890 – mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 1873 – war er in Preußen Ministerpräsident, von 1867 bis 1871 zugleich Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes sowie von 1871 bis 1890 erster Reichskanzler des Deutschen Reiches, dessen Gründung er maßgeblich vorangetrieben hatte.

So nehme ich meine Kurvenhatz wieder auf und verbringe die Mittags- und Nachmittagsstunden mit viel Spaß abwechselnd auf den Landstraßen der touristischen „Fachwerkstraße“ und denen der „Straße der Romanik“. 

Für eine ausgedehnte Mittagspause nehme ich mir heute keine Zeit. Zu groß ist der Drang zu fahren…

 

 

Zu meiner Überraschung stoße ich irgendwann auf Landstraßenabschnitte, die tatsächlich aus Kopfsteinpflaster bestehen. In geschlossenen Ortschaften in Ost-Deutschland habe ich das schon öfters gesehen. Das es so etwas allerdings auch auf Landstraßen gibt, ist mir neu. Bei Regen ist das bestimmt ein abenteuerliches Erlebnis….

Einen kurzen Abstecher von der eigentlichen Route mache ich an diesem Tag dann doch noch. Es wieder einmal ein Hinweisschild, dass mich anlockt. Diesmal ist es die „Burg Alltstedt“ in der Nähe von Sangerhausen. Da ich mehr als gut in der Zeit liege, möchte ich mir die Burg auch von innen ansehen. Ein bisschen Kultur muss schließlich sein…

 

Denkste Teil 1…

 

 

Für heute ich die Burg  bereits geschlossen. Also bleibt die Bildung auf der Strecke.

Die Pfalz Allstedt war eine Königspfalz der Ottonen auf dem Gebiet der heutigen Stadt Allstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz im Südwesten Sachsen-Anhalts.

 

Aus dieser ging eine vielgestaltige hoch- und spätmittelalterliche Burg hervor, die in der Barockzeit in Teilen schlossartig umgebaut wurde. Das Schloss Allstedt beherbergt heute ein Museum zur Geschichte von Pfalz, Burg, Schloss und Stadt Allstedt sowie ein Schlosscafé. Die Anlage ist eine Station an der Straße der Romanik

Na ja …Immerhin ist es ja auch schon 17:00 Uhr und ich habe den größten Teil meiner Tour schon hinter mir. Eigentlich wollte ich am ersten Tag 2/3 schaffen und am zweiten Tag, vor der Heimreise, das letzte 1/3 fahren. Nun bin ich allerdings schon so weit gekommen, dass ich nur noch knapp 90 Minuten von meinem finalen Ziel entfernt bin.

 

Also beschließe ich mir heute frühzeitig eine Unterkunft für die Nacht zu suchen und den Rest des Nachmittags mit einem Bier in der Hand auf einer Hotel-Terrasse zu verbringen.

 

Denkste Teil 2…

 

Leider muss ich schnell feststellen, dass die Umgebung des Harz , in der ich mich jetzt befinde, nicht sonderlich touristisch ist, und sich daher das Angebot an Hotels und Pensionen in Grenzen hält. Und das erste Hotel, das ich ansteuere, ist ebenso ausgebucht, wie das zweite.

 

Erst gegen 18:30 Uhr finde ich in Nordhausen, dem eigentlichen Ziel der gesamten Tour eine Unterkunft. Keine Sekunde zu früh, denn kaum stehe ich an der Rezeption fängt es draußen an zu regnen.  Ich hatte bis jetzt wirklich Glück mit dem Wetter. Es hört sogar für einen Moment auf zu regnen, als ich mein Motorrad hinter dem Hotel parke und mein Gepäck aufs Zimmer trage. 

Der Tag war doch recht anstrengend und deswegen passiert heute nicht mehr viel. Nach einer ausgiebigen Dusche und einem leckeren Abendessen bin ich daher bald auf meinem Zimmer und kurze Zeit später schon eingeschlafen…

 

https://hotel-zur-goldenen-aue.de/

 

Am nächsten Morgen bin ich früh wach und sitze als einer der ersten im Frühstücksraum. Da ich meinem ursprünglichen Zeitplan weit voraus bin, beschließe ich nicht über die Autobahn nach Hause Richtung Taunus fahren, sondern die gesamte Strecke von knapp 300 Kilometern über die Landstraße zurücklegen.

 

Gesagt getan. Bei strahlendem Sonnenscheinen und kühlen Temperaturen mache ich gegen 09:00 Uhr auf den Weg. Ungefähr 6 Stunden habe ich dafür geplant. An einem Sonntagmorgen so früh unterwegs zu sein, hat für mich immer einen ganz besonderen Charme. Die Welt schläft noch und die Straßen sind entsprechend leer. Im Laufe des Vormittags füllen sich die Straßen mit Leben. Menschen machen sich auf den Weg zum Bäcker und die Dichte an Autos nimmt zu. Alles läuft langsamer und entspannter ab.  Sonntag eben…

 

Solange ich mich noch immer Harz befinde, begegnen mir sogar immer wieder Trabbi Fahrer, die Ihren Oldtimer in den frühen Stunden dieses Sonntags eine Ausfahrt gönnen. Es ist immer wieder schön, unterwegs ein Stück rollende Zeitgeschichte zu sehen.

 

 

So führt mich mein Weg Stunde um Stunde und Kilometer um Kilometer, vom Harz über den Vogelsberg zurück zu meinem Heimatort im Taunus. 

Gegen 15:00 Uhr schiebe ich mein Motorrad zu Hause zurück in die Garage.

Eine unspektakuläre, aber sehr entspannende Tour liegt hinter mir.

 

Fazit?

 

 

Beim Motorradfahren ist es ähnlich wie beim Essen…Es muss nicht immer Kaviar sein. Manchmal hat man auch einfach Lust auf ein ganz bodenständiges Gericht…   

Du möchtest die Route gerne nachfahren? Dann findest Du hier die gpx Daten meiner Tour zum Download.
Harz Tour_2020 .gpx
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