Das Brot fällt immer auf die gebutterte Seite

Alles ist bis ins kleinste Detail geplant. Meine Tour an die Landungsstrände des D-Day am 06.06.1944 steht in wenigen Tagen bevor. Der Campingplatz, direkt am Utah Beach gelegen, ist reserviert. Ein schöner Platz mit Swimmingpool, Hallenbad und einem eigenem Badezimmer auf der Parzelle. Alle Sehenswürdigkeiten und Museen ,die ich besuchen möchte ,sind ausgearbeitet. Die Campingausrüstung ist mehrfach auf Vollständigkeit geprüft und das Zelt wurde probehalber noch einmal aufgebaut. Die Rückenschmerzen, die mich die letzten drei Wochen begleitet haben, sind vollständig verschwunden. Der Orthopäde und der Physiotherapeut haben grünes Licht für eine mehrtägige Motorradtour gegeben.

 

Eigentlich kann hier nichts mehr schiefgehen…

Bis aus auf den Wetterbericht. Der ändert sich wenige Tage vor der geplanten Abreise von „sonnig“ in „Startregen und starke Windböen“.   Irgendwann ist die Vorhersage so schlecht, dass ich einsehen muss, dass ich  bei Antritt dieser Tour, mehrere Tage tagsüber nur im Regen verbringen werde und die Nächte in einem klammen Zelt, ohne die Möglichkeit meine Kleidung zu trocknen. Da kann ich eigentlich auch gleich meine Ferien auf dem Truppenübungsplatz verbringen…

 

Es hilft nichts. Kurzfristig muss ein neuer Plan her. Diesmal nicht auf Basis meiner Interessen, sondern nach der Wettervorhersage. Den Norden Europas kann ich vergessen. Überall ist Regen angesagt. Im Süden sieht es besser aus. Die Wetterkarte verspricht bis zu 30 Grad und strahlenden Sonnenschein.

 

Ohne festen Plan steht die neue Route schnell fest. Ich werde über Landstraße Richtung Füssen fahren.  Dort eine Nacht auf einem Campingplatz, den ich mir unterwegs spontan suchen werde, übernachten und von dort aus am nächsten Tag nach Südtirol weiterreisen. Dolomiten-Karussell ich komme! Kurven und Serpentinen satt. Ein Campingplatz wird sich dort sich finden lassen.

Eigentlich eine gar nicht so schlechte Alternative.

 

Also betanke ich am Vormittag meine Kawasaki Versys und belade die Maschine mit meiner Campingausrüstung.

 

Um 07:00 Uhr am nächsten Morgen ist es endlich so weit. Aufgrund des schlechten Wetters in den ersten Monaten der wärmeren Jahreszeit, abgesagter Motorradveranstaltungen, einem längeren Sommerurlaub mit dem Wohnwagen und anschließender Rückenprobleme, lassen meine gefahrenen Kilometer bislang sehr zu wünschen übrig…

 

Die Lederjacke angezogen, den Helm aufgesetzt und die Handschuhe übergestülpt. Jetzt nur noch den Zündschlüssel rumgedreht und…nichts! Der Anlasser dreht sich mit Mühe und Not. Allerdings reicht der Schwung nicht aus, um meine Versys zu starten!

 

Das kann doch jetzt wirklich nicht wahr sein!!!

 

Welche Optionen stehen jetzt zur Verfügung?

a.       Ich warte bis der Motorradhändler meines Vertrauens um 09:30 Uhr öffnet. Hoffe, dass er eine passende Batterie vorrätig hat und rechne noch Zeit ein, bis die neue Batterie aufgeladen ist.

b.       Ich wechsle von meiner Versys auf meine Vulcan und  vergesse aufgrund der geringen Zuladung die Camping Idee und suche mir unterwegs Hotels und Pensionen. Das spart auf jeden Fall Zeit und ich kann nach kurzem Umpacken los. Allerdings stellt sich mir auch die Frage, ob bei meinen bisherigen Rückenproblemen, die Vulcan mit ihrer Sitzposition das richtige Gefährt für meine Tour ist?

 

Und? Wie sich jeder denken kann, habe ich mich für Variante „B“ entschieden. Hauptsache, ich komme schnellstmöglich los. Zu groß ist das Verlangen nach Landstraße und Motorradfahren.   

 

Los geht´s…Die ersten Kilometer bis Aschaffenburg spule ich auf der Autobahn ab. Der Frankfurter „Speckgürtel“, also die Schlaforte rund um Frankfurt, sind fahrerisch das  langweiligste und häßlichste was es meiner Meinung nach gibt. Sorry liebe Frankfurter…

 

Ab dann es endlich los. Entspanntes Landstraßencruisen. Kurvige Straßen, kleine Orte und skurrile überraschende Begegnungen, wie z.B. eine Gruppe Trikes die kleine Wohnwagen hinter sich herziehen oder eine Seifenkiste, die mir plötzlich auf der Landstraße entgegen kommt.

 

Das ganze nur im Stundentakt unterbrochen durch meine Gymnastikübungen, die laut meinem Physiotherapeuten verhindern sollen, dass mein Rücken wieder Probleme macht.

 

Der weiß sich auch zu benehmen (Der Rücken, nicht der Physiotherapeut) .Allerdings nur bis Crailsheim. Hier nimmt meine Tour auf einmal eine unschöne Wendung. Zuerst fängt es harmlos an. Eine gesperrte Landstraße mit einer extrem schlecht ausgeschilderten Umleitung kostet mich eine halbe Stunde. Erst dann kann ich das Umleitungsrätsel kacken und bin wieder auf dem richtigen Weg Richtung Füssen. Da ich ausreichend Zeit eingeplant habe, spielt die halbe verschenkte Stunde keine Rolle.

 

Jetzt wird es aber erst mal Zeit für meine Gymnastik Pause.  Und da passiert es und beendet meine Tour. Beim Absteigen fährt ein scharfer stechender Schmerz durch meinen Rücken und ich bin auf dem gleichen Problemlevel wie zwei Wochen zuvor.    

 

Mir ist sofort bewusst, dass meine Tour in die Dolomiten an dieser Stelle vorbei ist. Gymnastik Übungen helfen genauso wenig wie ein Spaziergang.

 

Also suche ich mir mit Hilfe von BOOKING.COM eine Unterkunft in der Nähe. Das nächste Gasthaus ist nur 10 Kilometer entfernt und verfügt sogar über eine eigene angeschlossene Metzgerei. Das klingt wenigstens nach einem leckeren Abendessen als Trostpflaster.

 

Beim sehr freundlichen Check In bietet man mir an, mein Motorrad ohne Extrakosten in einer abschließbaren Garage abzustellen.  Für den netten Service bekommt der Gasthof von mir direkt eine Schulnote 1.

                                                                   

Nachdem ich 2 Schmerztabletten genommen und auf meinem Zimmer etwas geschlafen habe, mache ich mich voller Vorfreude auf den Weg zum Abendessen. 

 

Um eine lange Geschichte kurz zu machen…Wenn an ein Gasthaus eine eigene Metzgerei angeschlossen ist, habe ich schon eine gewisse Erwartungshaltung an das Essen. Leider war das hier das schlechteste Schnitzel, dass ich bis dato in einem Restaurant gegessen habe. Wenn es einen Preis für labberige Pommes Frittes und lieblosen Salat geben würde, gäbe es hier den passenden Kandidaten…

 

Frühzeitig gehe ich schlafen und versuche aus der meinem Rücken geschuldeten unruhigen Nacht das Beste zu machen.

 

Nach einem sehr guten Frühstück, dass einigermaßen für das schlechte Abendessen entscheidet, nehme ich zwei weitere Schmerztabletten und mache mich über die Autobahn auf den Heimweg. 2,5 Stunden, die sich anfühlen wie 10.

 

Frustriert und mit unglaublichen Rückenschmerzen stelle ich das Motorrad wieder in die Garage.

 

Ich beschließe, es noch nicht aufzugeben. In drei Wochen findet der nächste Ride to eat der IBA im Harz statt. Der nächste Versuch wartet also schon auf mich…

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